Ein Dokument über den weiteren Einsatz eines kriegsgefangenen italienischen Arzt im Hamburger Gesundheitswesen, Dr. Bonatti, brachte zum Vorschein, dass es auch bei der Hamburger Deutschen Arbeitsfront (DAF) eine italienische Vertretung zur Kontrolle der Zwangsarbeitslager für die italienischen Militärinternierten (IMI) gab.

Die Betreuung aller Zwangsarbeitslager wurde durch die DAF organisiert. Betreuung bedeutete die Bearbeitung der Unternehmensanfrage bzw. deren Anliegen. Im Hamburger Besenbinderhof 57 gab es bei der DAF die „Hauptabteilung Arbeitseinsatz“. In deren Hauptarbeitsgebiet II, „Sozialer Block“, gab es die Unterabteilung „Lagerbetreuung“. Hier war die „italienische Delegation“ angedockt. Hierbei handelte es um einen Verbindungsmann, der von der faschistischen Gewerkschaft der Italienische Sozialrepublik (italienisch Repubblica Sociale Italiana, kurz RSI) CGTLA bestellt worden war. Die RSI war ein faschistischer Satellitenstaat in Norditalien unter der militärischen Protektion des Deutschen Reichs. Das Staatsgebiet beschränkte sich auf Gebiete der deutschen Besatzungsmacht.
In einer Regelung zwischen Deutschland und der RSI Ende 1944 war vereinbart worden, dass bei den DAF-Gauverwaltungen „italienische Verbindungsstellen unter der Leitung der italienischen Verbindungsmänner errichtet und mit den erforderlichen Mitteln (Gaufachangestellte und Schreibkräften) besetzt“ wurden. Ihre Bezeichnung lautete: „Italienische Verbindungsstelle bei der Gauverwaltung … der Deutschen Arbeitsfront.“ Die italienischen Verbindungsstelle würden in von der Konföderation CGLTA bestellt (ähnlich der DAF). Sie war erst im Dezember 1943 gegründet worden.

Nach der Verkündung einer Waffenstillstandsvereinbarung der neue Regierungs Italiens, dem ehemaligen Verbündete Deutschlands, mit den Alliierten am 8. September 1943, wurde die italienische Armee wurde von der deutschen Wehrmacht entwaffnet. Insgesamt weigerten sich zwischen 600.000 und 650.000 Soldaten, den Krieg an der Seite der Deutschen fortzusetzen. Mussolini war seit Juli 1943 Gefangener auf Gran Sasso. Er wurde im September 1943 von den Nazis befreit und nach Deutschland gebracht. Hier rief er die so genannte italienischen Sozialrepublik aus. Die italienischen Soldaten wollten nicht in den Dienst der Faschisten treten. Da sie sich weigerten, wurden sie in zahlreichen Lager in Deutschland und den besetzten Gebieten eingesperrt. Sie bekamen den Status von Militärinternierten, damit sich Deutschland nicht an die internationalen Regeln bei kriegsgefangenen Soldaten halten musste.
Italienische Faschisten in Hamburg
Hamburg war schon vor der politischen Machtübernahme der Nazi im Januar 1933 ein Ort für die Italienische Faschisten gewesen, die sich hier organisierten. Seit 1922 war Mussolini in Italien an der Macht. Im Februar 1923 wurde die „‚Fasci all’Estero“ als Auslandsorganisationen des ‚Partito Nazionale Fascista‘ (PNF) initiiert. Die Absicht war, die im Wirtschaftsexil lebenden Italiener an ihre Heimat zu binden. Peter Offenborn schreibt in seinem Buch, „Interessen Hamburger Unternehmer am Nationalsozialismus : ihre Beteiligung an der Durchsetzung des nationalsozialistischen Herrschaftssystems : eine Annäherung“, das über „die Tätigkeit der ‚Fascio all’Estero‘- Organisation des PNF in Hamburg aus den zwanziger Jahren zum einen nur wenige Informationen vorliegen. Die vorhanden besagen aber, dass Giuseppe Follina (Import/Export) einer der ersten italienischen Unternehmen in Hamburg lebenden italien war, der sich frühzeitig nach eigenen Angaben zum Faschismus bekannte. Er gründete 1925 in der Hansestadt eine ‚Fascio‘-Ortsgruppe – wie auch in Kopenhagen, wo er eine Firmenfiliale betrieb. Bereits im Mai 1926 fand der erste Kongress der „Fasci all’estero“ in Berlin statt. Zur Hamburger Gruppe gehörten nach Angaben von Peter Offenborn „außer den Angehörigen des diplomatischen Korps wegen ihrer Funktionen, die sie in den 30er Jahren im ‚Fascio‘ ausübten, eine Reihe von italienischen Import-/Export- kaufleuten zu den treibenden Kräften der hiesigen Ortsgruppe des PNF.“ Bekannt geworden sind neben Giuseppe Folina auch „Otello F. Bisotti (i/Fa. ‚Neimcke & Bisotti’, Import) und Pietro Saitta (i/Fa. ‚Tumminia & Saitta’, Südfrüchte-Import).“
