KZ-Häftlinge auf der Elbinsel Kaltehofe

Eine bei einem Besuch 2022 gefundene Karte in einem leerstehenden Gebäude auf der Billwerder Insel (einst zu den Hamburger Wasserwerken gehörendes Betriebsgelände) markierte die Zerstörungen des Filtrationsanlage in den letzten Kriegsjahr 1945/1945 und die Einschläge der Bombenabwürfe auf Kaltehöfe. 

Diese Schäden wurden ab 1944/45 auch durch KZ-Häftlinge beseitigt, wie jetzt gelesene Zeitzeugen-Berichte ergeben. Aus einem Berichtsbuch der Hamburger Wasserwerke über den Arbeitskräfteeinsatz auf Kaltehofe ging hervor, dass im März 1945 bis zu 55 KZ-Häftlinge hier eingesetzt wurden. 

Stefan Brozdowicz schrieb 1949 an die VVN über das Arbeitskommando im Elbwasserwerk: “Geführt durch einen politischen KZ-Häftling …war dieses Kommendo beliebt, obwohl  es ziemlich schwere Arbeit gab, bei Sonderarbeiten, Filterreinigung. Zu Mittag gab es eine zusätzliche Suppe. Diese Stärke dieses Kommando ging bis 200. Es arbeiten dort  auch  viele italienische Kriegsgefangene, die unsern Kameraden geholfen haben.”

Stefan Brozdowicz war wie andere Häftlinge im Oktober 1944 aus dem KZ Stutthof bei Gdansk nach Neuengamme verschleppt worden. Er kam von dort ins Außenlager Dessauer Ufer, ins Lagerhaus G im Hamburger Hafen und nach dessen Zerstörung ins Außenlager an der Spaldingstraße 158. Die Nazis brauchten Arbeitskräfte, um ihre Kriegsproduktion aufrechtzuerhalten. Hunderttausende KZ-Insassen wurden auf alle möglichen Außenlager der KZs verteilt.

Jan Kur aus Warschau, wie auch Stefan Brozdowicz von Stutthof im Oktober 1944 nach Neuengamme und Dessauer Ufer verschleppt, erinnerte sich 1948 in Polen an diese Deportation. Im Oktober 1944 “wurde ein Transport von 2.000 Häftlingen aus meiner Gruppe sowie die schon länger in Stutthof waren, …Neuengamme überstellt.”

Jörgen Borfod aus Dänemark schrieb 1969 in seinem Buch „Die Hölle hat viele Namen“ über das Arbeitskommando „Elbwasserwerk“. Er war im KZ Neuengamme und kam von dort ins Außenlager in der Spaldingsstraße. „Die Spaldingstrale lag nicht weit vom Hauptbahnhof in Richtung Süd-Osten. Von hier aus gingen die Gefangenen zur Arbeit rund um in Hamburg. Es handelte sich hauptsächlich um Aufräumarbeiten nach Luftangriffen, und einige fuhren sogar nach Harburg, um aufzuräumen. Andere mussten die Bahngleise reparieren, und die Arbeit dauerte natürlich so lange wie es hell war. Ein Rapportführer … genoß es offensichtlich, beim geringsten Anlaß auf die Gefangenen loszuprügeln, was es auch sein mochte, einer der sich bewegte, oder einer, der seine Mütze beim Appell nicht korrekt aufhatte… die Arbeit bestand meistens darin, die Fabriken nach den vielen Luftangriffen auf Hamburg aufzuräumen, die ständig stattfanden. Die meisten arbeiteten bei der Raffinerie Rhenania-Ossag (Shell), während andere Gruppen mit Ausbesserungen der Eisenbahngleise, in einer bombenbeschädigten Marmeladenfabrik, in der Hanseatenhallen, beim Elbwasserwerk … gearbeitet haben…. Beim Elbwasserwerk unternahmen die Gefangenen ebenfalls Aufräumarbeiten und ebneten Granatlöchen ein.” (3) 

Welchen KZ-Häftlinge neben denen aus Polen, der Tschecheslowakei und und Dänemark auf Kaltehofe arbeiten mussten, kann man heute nicht sagen. Lediglich aus jahrzehntealte Zeitzeugenberichten ergeben sich obige Informationen. 

Dr. David Templin hat ein seinem Buch „Wasser für die Volksgemeinschaft“ 2017 die Geschichte von den Hamburger Wasserwerken in der NS-Zeit versucht, umfassend zu erzählen. Bereits damals hatte der den Häftlingseinsatz bei dem Hamburger Wasserwerken beschrieben. Erst ein 2022 entdeckte das „Rechnungseingangsbuch“ von Kaltehofe führte zu der Konkretisierung der Anzahl der eingesetzten Häftlinge im März 1945 und deren Nachweis in einem Dokument.

Aus den Notizen von Stefan Brozdowicz und Jörgen Borfod ergibt sich, dass die Häftlinge im März 1945 auf Kaltehofe vermutlich aus dem Außenlager in der Spaldingsstraße kamen. Dieses war wie das Außenlager am Dessauer Ufer und am Bullenhuser Damm im Herbst 1944 geschaffen worden. 

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