Über die Stationen des Rundgangs am 27. April 2024 durch das Kontorhausviertel

Am Sonnabend, 27. April 2024, findet um 15 Uhr ein Stadtteil-Rundgang durch das Kontorhausviertel statt. Wir bieten mit dem Rundgang durch den Stadtteil eine Zeitreise an, in dem wir alle, die teilnehmen, zu verschiedenen Orten führen, die mit der Zwangsarbeit zu tun hatten. Treffpunkt ist die Stolperschwelle vor der Burchardstraße 11 (Bauer Media Group) – es ist zugleich die erste Station des Rundgangs. 

Der Ablauf des Rundganges

Wir werden u.a. an der Einfahrt Burchardstraße 10, neben (smow) verweilen, wo Ewald Markowitz mit seiner Partnerin Martha lebte. Er war 1938 einer der ersten Juden, die als Zwangsarbeiter in der Nähe von Stade in einem Lager kaserniert wurden. Die staatliche Fürsorge zwang die jüdischen Männer, Straßenbauarbeiten zu verrichten. Ewald und Martha Markowitz wurden am 18. November 1941 nach Minsk deportiert. Es gab zehn weitere jüdischen Mieter:innen, von denen ebenfalls niemand die NS-Zeit überlebte. Für Ewald und Martha Markowitz liegt jeweils ein Stolperstein vor der Burchardstraße 10.

Eine weitere Station ist vor dem Sprinkenhof 8. Ein 96-jähriger Nachbar wird über seine Begegnungen mit den Italienischen Militärinternierten (IMI) im Luftschutzkeller im Sprinkenhof, im 3. Bauabschnitt, erzählen. Ansprechen werden wir das Wirken des Architekten Fritz Höger. Vor kurzem wurde in Hammerbrook eine Straße umbenannt, die seit 1952 seinen Namen getragen hatte. Höger war seit 1932 NSDAP-Mitglied gewesen. Die Straße heißt nun Recha-Lübke-Damm. Sie war eine jüdische Lehrerin aus dem Viertel, die von den Nazis ermordet wurde.

Wir werden auch die Produktion von Zyklon B thematisieren. Mit dem Gift wurden Millionen Menschen in den KZ vergast. Die Produktionsfirma von Zyklon B hatte ihren Sitz im Sprinkenhof, Burchardstraße 8. Vor dem Messberghof erinnert heute eine Tafel an die Opfer und nennt den „Händler des Todes“, Bruno Tesch. 

Die NS-Vergangenheit von August Prien

Wo heute das Johann-Kontor steht, befand bis in die 1950er Jahre der Klosterhof. Es gab dort ein Zwangsarbeitslager für 700 Menschen. Erst vor kurzem haben wir die Namen entdeckt. August Prien hatte in der NS-Zeit viele Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge für seine Bauaufträge eingesetzt. Bis heute schweigt das Unternehmen, auch zur NSDAP-Vergangenheit aller damaligen Gesellschafter. Mehr Informationen finden Sie hier: https://augprienharburg.wordpress.com

NS-Zwangsarbeiter im Heinrich Bauer Haus

Vor über 80 Jahren hatte die Baubehörde Hamburgs angeordnet, im damaligen Heinrich Bauer Haus , Burchardstraße, Ecke Schützenpforte im obersten Stockwerk ein Lager für 250 italienische Militärinternierte (IMI) einzurichten. Die italienischen Soldaten waren am 8. September 1943 nach der Kapitulation Italiens gefangen genommen und verschleppt worden. Die rund 650.000 Männer hatten sich geweigert, auf deutscher Seite weiterzukämpfen. 17.000 von ihnen kamen nach Hamburg. Als die Stadt eineinhalb Jahre später, am 3.Mai 1945, von der britischen Armee befreit wurde, lebten 402 IMI im Heinrich Bauer Haus. In Erinnerung an diese Menschen wurde vor drei Jahren eine Stolperschwelle vor der Bauer Media Group im Bürgersteig eingelassen. 

Wir haben am 23. April während des Rundganges eine historische Premiere: Erstmals werden die Namen der 402 Zwangsarbeiter veröffentlicht. Das ist keine Kleinigkeit: Angehörigen in Italien, die ihre Väter und Großväter suchen, erhalten ab sofort eine neue Anlaufstelle für ihre Recherche. https://heinrichbauerhaus.wordpress.com

Wer um die Geschichte weiß, hält die Erinnerung wach

Wir leben heute in einem Rechtsstaat. Die Vergangenheit war gestern – dennoch bleibt sie ein Teil unserer Identität. Die jährlich stattfindende “Woche des Gedenkens” der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte knüpft daran an. Viele Einrichtungen beteiligen sich mit Kulturbeiträgen und setzen so verschiedene Schwerpunkte des Erinnerns. Sie finden Sie unter https://gedenken-hamburg-mitte.de weitere Informationen.

Wir würden uns freuen, wenn Sie an unserem Rundgang teilnehmen.

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