Rede Orlando Materassi, Präsident ANEI, am 6. September 2021

Sehr geehrter Generalkonsul von Italien in Hannover, sehr geehrte zivile, militärische und kirchliche Vertreter, meine Damen und Herren.

Ich fühle eine große Ergriffenheit, an diesem grandiosen und feierlichen Ort zu sein, an dem mehr als 5.800 Italiener begraben sind, die als Sklaven unter dem Nazi-Regime starben.

Junge Menschen, die in den Gebieten von Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg, Bremen, Hannover und Westfalen ihr Leben verloren haben.

Sie sind nur ein Teil der 50.000 italienischen Militärinternierten, die in den Lagern an den Folgen von Gewalt, Hunger, Kälte, Folter und Krankheit, aber auch durch die Bombardierungen starben.

Sie bezahlten mit ihrem Leben für ihre Entscheidung, NEIN zum Nazifaschismus, NEIN zu Hitlers Drittem Reich und NEIN zu Mussolinis Italienischer Sozialrepublik zu sagen.

Als man ihnen anbot, im Gegenzug für eine Rückkehr nach Italien Mitglied zu werden, entschieden sie sich bewusst dafür, in den Lagern zu bleiben, wohl wissend, dass sie damit ihr eigenes Leben riskierten.

Sie opferten sich für ihr Land, aber auch, um Europa von der nazifaschistischen Tyrannei zu befreien. Es war eine antifaschistische WAHL, die ein bewundernswertes Beispiel für die jetzigen und künftigen Generationen war und bleiben muss, damit wir uns jeden Tag als Baumeister des Friedens fühlen können.

Für mich ist es ein äußerst wichtiger Moment, heute sowohl als Präsident der ANEI als auch als Orlando Materassi hier zu sein.

Ich kenne das Drama, ein Kind in einem fremden Land zu verlieren und die Verzweiflung, nicht zu wissen, wo seine sterblichen Überreste liegen: Meine Großeltern mütterlicherseits verloren im Januar 1941 an der griechisch-albanischen Front einen Sohn.

Ich weiß bis heute nicht, wo mein Onkel Orlando Meriggioli, dessen Namen ich trage, begraben ist. Ich kenne die Traurigkeit meiner Großmutter, die sich seit dem Todestag ihres Sohnes immer schwarz gekleidet hat.

Als Präsident der ANEI kenne ich das Drama von Kindern, Ehefrauen, Müttern und Freundinnen, die das Drama erlebt haben, ihre Lieben nicht wiederzusehen, nicht zu wissen, wo ihre sterblichen Überreste ihren ewigen Frieden gefunden haben.

Neben den Grüßen der Direktoren und Mitglieder der ANEI überbringe ich Ihnen auch die Grüße des Vorsitzenden des Komitees der Familien der gefallenen Soldaten, die auf dem italienischen Ehrenfriedhof in Hamburg begraben sind.

Viele von ihnen mussten bis Mitte der 1950er Jahre warten, um zu erfahren, wo sich die sterblichen Überreste ihrer Angehörigen befanden.

Und doch gibt es so viele Verstorbene, die keinen Namen habe.

Dies ist einer der vielen Schäden eines vom Nationalsozialismus und Faschismus gewollten Krieges, der 39.778.000 militärische und zivile Opfer, 32 Millionen zivile Tote, 24 Millionen militärische Verwundete und die Zerstörung ganzer Landstriche in Europa verschuldete.

Abschließend möchte ich dem italienischen Generalkonsulat in Hannover danken, durch das in Abstimmung mit der Generalkommission für die Erhaltung und Pflege italienischer Soldatendenkmäler und Friedhöfe im Ausland und in aktiver Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen wichtige architektonische und funktionelle Verbesserungen durchgeführt wurden.

Dieser Ort ist sehr wichtig, nicht nur als Referenz und Verbindung zur Heimat, sondern auch für die Bewahrung der Erinnerung für die Angehörigen der hier begrabenen gefallenen Soldaten und ganz allgemein für die große italienische Gemeinschaft, die in Hamburg lebt.

Dieses Treffen mit der feierlichen Ehrung der Gefallenen, für die ich den Organisatoren danke, ist ein bedeutender Weg der Beteiligung unterschiedlichster Vertreter, die das gleiche Ziel verfolgen, nämlich die Erinnerung und das Gedenken lebendig zu halten.

Deshalb glaube ich, dass es wichtig ist, die Vergangenheit zu teilen, um nicht zu vergessen, für den Frieden zu erziehen und den jungen Generationen eine Zukunft in Freiheit, Demokratie und Solidarität zwischen allen Völkern der Welt zu geben.

Damit sich die Geschichte nicht wiederholt.

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